Vor knapp 4 Monaten haben wir ein Interview mit Jörn von „No Ghost Germany“ und deren Mercedes S124 Ghostbusters Umbau geführt und daraus einen Artikel verfasst. Nun meldete er sich erneut mit einem Hilferuf an uns, denn das damals beschriebene 1. Fahrzeug entpuppte sich ja inzwischen als Rostlaube, die den Geisterjägern buchstäblich unter den Protonenstrahlern wegzurosten drohte. Nun – etwas weniger dramatisch ist es dann doch, allerdings ist die Reparatur alles andere als wirtschaftlich und ein anderes Fahrzeug mit ähnlichen Eckdaten fand sich sehr schnell. So kam es, dass Jörn und sein Geisterjäger Kollege Raphael schnell zuschlugen: ein weiteres weißes S124 T-Modell als E250 Diesel des Baujahres 1995, das zuvor in den Händen eines Rentners war. Soweit war uns das alles ja bereits bekannt und der Neuerwerb allein stellte auch nicht das eigentliche Problem dar.
Jörn wandte sich wegen des Kfz-Steuerbescheides an uns und äußerte seine Verwunderung: „Kann es sein, dass hier ein Fehler vorliegt? Es handelt sich um das gleiche Fahrzeug wie zuvor, aber wir sollen jetzt knapp 300€ mehr an Steuern zahlen. Das summiert sich dann auf fast 700€ jährlich!“
Wir haben uns direkt einmal den Fahrzeugschein geben lassen und wurden beim Eintrag „Schadstoffarm E2“ schnell fündig. Als der E250 1995 vom Band lief, gab es die Schadstoffklasse Euro 2 noch gar nicht und er wurde damals als E2 eingestuft, was heute jedoch Euro 1 entspricht und daher teurer ist (über die genaueren Einzelheiten zu diesem Thema berichteten wir bereits). Daher konnten wir Jörn schnell beruhigen und Klarheit schaffen: Die Modelle, die 1995 bereits bessere Abgaswerte erreichten als die neu eingeführten Grenzwerte für die Euro 2 Norm, können einfach bei der Zulassungsstelle umgeschlüsselt werden. Das entsprechende Schreiben dazu stellten wir ihm direkt als PDF zur Verfügung (das Dokument ist hier zu finden).
Einige Tage später erkundigten wir uns dann, ob alles reibungslos erledigt werden konnte und Jörn berichtete uns von viel Arbeit und einem erst späteren Termin den er bei der Zulassungsstelle bekommen hatte. Fast anderthalb Monate vergingen bis zu unserem nächsten Gespräch, und Jörn erreichte uns erneut mit schlechten Nachrichten. Das PDF, welches im Mercedes Forum zahlreich heruntergeladen und zur Zulassungsstelle mitgenommen wurde, wurde von der zuständigen Zulassungsstelle in Bremen abgelehnt. Es wurde sogar bezweifelt, dass es sich um ein Originaldokument von Mercedes-Benz handelte.
Erneut bestätigen wir das der Ablauf der Umschlüsselung und das Schreiben so korrekt sind und das die Zulassungsstelle sich im Irrtum befindet. Leider bringt dieser Umstand niemanden einen Schritt weiter. Wir sichern Jörn unsere Hilfe zu und fangen an uns erneut in die Thematik einzulesen und kommen zur gleichen Erkenntnis wie bereits zuvor: Wir sind im Recht und müssen nun zusehen wie wir Jörn und den „No Ghost Germany“ zum Recht verhelfen. Es geht schließlich um relativ viel Geld, was bei einem Hobbyprojekt ja eh immer an allen Ecken fehlt.
Wir sprechen nun erneut mit Jörn und raten ihm in Bremen einmal direkt zur Mercedes-Benz Niederlassung zu gehen und sich dort das ausgedruckte PDF als korrekt bestätigen zu lassen. Es ist ja sogar der interne Dateivermerk inklusive Sachbearbeiter auf dem Schriftstück verzeichnet. Stempel drauf, Unterschrift gesetzt, so muss es doch gehen!?!
Noch am selben Tag klingelt unser Telefon und wir bekommen eine Sprachnachricht von Jörn, in der er den Besuch bei der Mercedes-Benz Niederlassung schildert. Lange Rede, kurzer Sinn der Nachricht:
Auch die Mercedes-Benz Niederlassung Bremen kann nicht helfen! Das Dokument ist nicht im Original aufzufinden und daher ist es dem bemühten Mitarbeiter auch nicht möglich die Echtheit zu bestätigen. Wieso das so ist, erklärt uns schließlich Markus Heese, dessen Leidenschaft der Mercedes-Benz W124, insbesondere der 124er mit M104-Motor, ist: „… die Niederlassungen haben so alte Dokumente nicht digital im Bestand, können auch nicht selber darauf zugreifen … die Daimler-Vertretung, wenn kompetent, müsste eine Anfrage stellen in Stuttgart, haben aber meistens keine Lust, weil Arbeit“. Er rät uns schließlich dazu, sich direkt an den TÜV oder die DEKRA zu wenden oder aber das Ganze, im schlimmsten Falle, mit anwaltlicher Hilfe durchzusetzen. Diese Informationen teilen wir direkt mit Jörn und versprechen uns aber weiter um eine schnelle Lösung des Sachverhaltes zu kümmern.
Am folgenden Tag nehmen wir Kontakt mit Thomas auf, der in einer LKW-Werkstatt mit DEKRA Stützpunkt arbeitet. Wir bekommen direkt die Information, dass es kein Problem darstellen sollte das Fahrzeug umzuschlüsseln. Jedoch müsse die DEKRA die kompletten Daten einholen, eine kostenpflichtige Bestätigung anfertigen und ausstellen. Benötigt wird dazu auch nicht das Fahrzeug, sondern lediglich der Fahrzeugschein und 70€ Gebühren. Wir erkundigen uns natürlich auch, ob die DEKRA in Bremen das auch hinbekommt oder ob wir alles bei uns im Ort durchführen lassen müssen: „Das sollten die Kollegen auch locker schaffen, sonst sollen die einfach hier anrufen …“. Der Arbeitsauftrag für Jörn ist nun sehr klar: Wir schicken ihn zur DEKRA in Bremen und wünschen ihm mit einem Augenzwinkern „Viel Glück“.
Nach nunmehr zweieinhalb Wochen meldeten wir uns, um herauszufinden, ob es neue Entwicklungen gab. Wir erhielten die Information, dass Jörn es aufgrund seiner Arbeit gerade noch rechtzeitig am Freitag zur DEKRA geschafft hatte, aber die Mitarbeiter vor Ort nicht helfen konnten. Er wurde jedoch auf Montag vertröstet und sollte dann erneut vorbeikommen. Seit dem ersten Versuch der Umschlüsselung waren jetzt fast zwei Monate vergangen!
Am darauf folgenden Montag meldete sich Jörn direkt bei uns zurück. Er war gerade erneut bei der DEKRA gewesen und hatte die finale Zusage erhalten, dass ihm dort geholfen werden könne! Allerdings konnte die Bescheinigung nicht sofort erstellt und die Daten nicht sofort recherchiert werden. Der gesamte Prozess würde eine Woche dauern.
Dann endlich hielt Jörn die benötigte Bescheinigung in den Händen, und wir erhielten eine Kopie. Dadurch hatte sich die erste Hürde auch zur letzten entwickelt: die Umschlüsselung bei der Zulassungsstelle.
Berufsbedingt schob sich nun der nächste Termin bei der Zulassungsstelle weiter nach hinten. Wochen später versuchte Jörn dann erneut sein Glück. Aber auch dieses Mal machte sich Ernüchterung breit und die Sachbearbeiterin der Zulassungsstelle erklärte ihm, wieso sie auch heute keine Umtragung durchführen würde: „Der TÜV ist abgelaufen und es werden nur Umtragungen durchgeführt, wenn das Fahrzeug auch aktuell TÜV hat!“. Das war Jörn komplett durchgegangen und auch dies ist leider wieder mit Reparaturen verbunden, sodass es nun noch länger dauert bis der Wagen endlich umgeschlüsselt werden kann.
Im Dezember 2023 klingelt jetzt erneut unser Telefon. Jörn meldet sich endlich mit wirklich guten Nachrichten. Endlich, acht (!) Monate später, ist der Wagen umgeschlüsselt! Nach kleineren Reparaturen, Wartezeiten und schwierigen Terminfindungen für die Zulassungsstelle ist es doch endlich vollbracht: Der E250 gilt jetzt endlich als „Schadstoffarm Euro 2“.
- Markus Heese
- T. Kremer
- DEKRA Bergisch Gladbach
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